Freitagsansprache vom 23. Januar 2015
von Ayatollah Dr. Ramezani Imam und Leiter des Islamischen Zentrums Hamburg e.V.
Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen
Aller Lobpreis gebührt Gott, dem Erhabenen, dem Herrn
aller Welten. Wir danken Ihm für Seine Gnade und Seine Gaben und bitten Ihn um
Hilfe und Rechtleitung in allem, was wir tun, und hoffen, dass Er uns in Seine
Gunst aufnimmt. Sein Frieden und Segen sei mit unserem Propheten Muhammad,
seinen reinen Nachkommen und seinen rechtschaffenen Gefährten. O Diener Gottes,
ich rate mir selbst und Ihnen allen zur Ehrfurcht vor Gott und zum Gehorsam
gegenüber Seinen Geboten.
In der heutigen Zeit sprechen viele der
Wissenschaftler über die Moral und die Spiritualität und erinnern an ihre
Wichtigkeit. Ebenso wurden in unterschiedlichen Bereichen, verschiedene
Gesetze über den Menschen und die
Bürgerrechte ausgearbeitet. Hier lässt sich auf die internationale
Menschenrechtserklärung, den zahlreichen verschiedenen Konventionen bezüglich
Frauen und Kinderrechten, der Umwelt oder dem Verbot über die Produktion von
Massenvernichtungs- und insbesondere Atomwaffen, hinweisen. All diese Gesetze
dienen einzig und allein dem Ziel, dass die Menschen in Sicherheit und Frieden
leben können, sodass sie alle, trotz verschiedener Kulturen, das Gefühl der
Liebe, der Freundschaft und der friedlichen Koexistenz erfahren können.
Dennoch sind wir Zeuge davon, wie in der heutigen Welt
Menschen aufgrund von Armut und Hunger sterben und sich große Teile der
Menschheit unter der Armutsgrenze befinden und ihren Lebensunterhalt nicht
bestreiten können. Obwohl Slogans wie Gerechtigkeit, Vernunft, Spiritualität
ausgerufen werden, wurden dennoch Reichtum und Macht nicht auf gerechte Art und
Weise verteilt. Auf anderer Seite bilden Tyrannei und Unterdrückung, mit
verschiedensten Überschriften, überall auf der Welt die traurige Realität -
menschliche Werte und die Stellung der menschlichen Würde erfahren immer wieder
Schaden.
Diese bittere Realität der Menschheit wurde und wird wiederholt von religiösen
Führern und ihren Anhänger angesprochen. Obwohl viele Konferenzen mit dem Thema
der Vorbeugung solcher Probleme in der Gesellschaft überall auf der Welt
abgehalten werden und sogar die Wege zur Lösung und zu den Dingen die geschehen
müssen, dargelegt werden - vermehrt sich dennoch die Kluft der Klassen, das Regieren
von Gold (Geld) und Macht an jedem Tag in verschiedenen Formen der Erscheinung.
Es muss wirklich über einen Ausweg nachgedacht werden um die Weltgemeinschaft
aus diesen Problemen zu retten. Heute benötigt die Menschheit einerseits mehr
denn je Sicherheit und Frieden, andererseits bedrohen heute mehr denn je zuvor
Gefahren die Gemeinschaft der Menschen. Daher benötigt man in der heutigen Zeit
auch mehr denn je die Werte der Moral und Spiritualität. Aus diesem Grund ist
es, dass einige westliche Denker, wie Hans Küng, die Idee der
"Weltmoral" vorgestellt haben und daran glauben, dass durch die Armut
und Unterdrückung, Tyrannei und Anhäufung von Reichtum und Macht - der Mensch
mit einer Krise konfrontiert ist, und obwohl die Verordnungen der Menschenrechte
in allen Bereichen formal existieren, dass ernsthafte Problem in der Umsetzung
dieser Gesetze liegt.
So muss man alle Menschen mit all ihren kulturellen
Unterschieden zusammenführen und versöhnen. Zur Verwirklichung dieses Friedens
muss der Frieden zwischen den Religionen angestrebt und die religiösen Menschen
respektiert werden - und kein Anhänger einer Religion darf einen Anhänger einer
anderen Religion disrespektieren, beleidigen oder schmähen. Man muss die
Menschen, egal mit welcher Glaubensüberzeugung, als respektabel betrachten und
die Politik mit der Moral vereinigen und alle Führer der Weltgemeinschaft zu
einer Moral, basierend auf den Grundwerten der Menschen, einladen. Er
bestätigte zwei grundlegende Ideen in seinen Darstellungen: Die neue Weltordnung
ist nur auf der Grundlage von Moral möglich und muss mit jedem Menschen,
menschlich umgehen. Allen muss Lebenshoffnung geschenkt werden und in allen
muss eine innerliche Entwicklung hervorgerufen werden und sie müssen dazu
gebracht werden, den wertvollen Anordnungen gegenüber den Menschen Respekt zu
zollen und in ihrem Lebensverlauf jenen Gesetzen treu zu bleiben. "Das,
was du für dich selbst wünschst, das wünsche auch anderen, und das, was du für
dich selbst nicht wünschst, das wünsche auch anderen nicht." So wie es
Imam Ali ausgedrückt hat:
« اجْعَلْ
نَفْسَكَ مِيزَاناً فِيمَا بَيْنَكَ وَ بَيْنَ غَيْرِكَ فَأَحْبِبْ لِغَيْرِكَ
مَا تُحِبُّ لِنَفْسِكَ وَ اكْرَهْ لَهُ مَا تَكْرَهُ لَهَا وَ لَا تَظْلِمْ كَمَا
لَا تُحِبُّ أَنْ تُظْلَمَ وَ أَحْسِنْ كَمَا تُحِبُّ أَنْ يُحْسَنَ إِلَيْكَ وَ
اسْتَقْبِحْ مِنْ نَفْسِكَ مَا تَسْتَقْبِحُهُ مِنْ غَيْرِكَ وَ ارْضَ مِنَ
النَّاسِ بِمَا تَرْضَاهُ لَهُمْ مِنْ نَفْسِكَ »
Setze dich selbst als Waage
zwischen dir und den Anderen; so wie du nicht möchtest, dass man dir nicht
schadet, so darfst du auch den Schaden gegenüber anderen nicht wollen und das,
was du für dich selbst als schlecht betrachtest, das betrachte auch bei anderen
als schlecht . Zu den Aspekten dieser Grundlage, gehört die Kultur der
Gewaltlosigkeit bzw. des Respektes gegenüber dem Leben - da dies das erste
Recht aller Menschen. Somit ist es niemanden gestattet das Recht anderer zu
verletzten oder anderen das Recht auf Leben zu entziehen.
Konflikte und Streitereien müssen ohne jegliche Aggression und auf gerechte
Weise geklärt werden. Den Weg in einer militärischen Option zu suchen ist
falsch und diejenigen, die politische Macht besitzen, müssen im Rahmen der
Gerechtigkeit handeln und sich selbst auf friedliche Arten der Problemlösung
stützen. Ebenso muss bereits im Familienleben den Kindern beigebracht werden,
das Gewalt kein Weg zur Lösung von Konflikten ist. Darüber hinaus muss allen
gelehrt und glaubhaft gemacht werden, dass Bemühungen zur Erhaltung der Umwelt
unerlässlich sind. Alle müssen gleichermaßen die natürlichen Ressourcen von
Luft, Wasser und Erde nutzen können und es muss darauf hingewiesen werden, dass
man allen Mitmenschen helfen muss, unabhängig von Volks-, Religions- oder
Rassenzugehörigkeit und die Rechte der Minderheiten Beachtung finden.
Ebenso gehört zu den Grundlagen
der Weltmoral eine Verbundenheit zu einer gemeinsamen solidarischen Leitkultur,
einem gerechten Wirtschaftssystem, einer Lebensart aufbauend auf Ehrlichkeit
und einer Kultur der Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Für die Realisierung dieser Grundlagen muss das Gewissen der Menschen geändert
und allen gelehrt werden, dass die Würde des Menschen einen hohen Stellenwert
genießt. Das Gefühl des Verantwortungsbewusstseins muss in allen zum Leben
erweckt werden. Die Wichtigkeit von Aufopferungsbereitschaft und
Selbstlosigkeit, Mitgefühl und Beistand
gegenüber anderen muss allen klar werden und ein Gefühl der
Verantwortlichkeit entstehen.
Wenn man nun aufmerksam diese
Zusammenhänge betrachtet, so erkennt man, dass die Verbindung zwischen der
Moral und den Menschenrechten eine besonders Wichtige ist und aus diesem Grund
ist, dass die göttlichen Propheten als Reformatoren der Gesellschaft auftraten,
zur Ausbreitung der Vorteile und Vorzüge, welche die Moral beinhaltet, sodass
sich die Menschheit weiterentwickelt.
Der Prophet (s) sagte:
بُعِثْتُ
لِأُتَمِّمَ مَكَارِمَ الْأَخْلَاقِ - "Ich kam für die
Vervollständigung der Moral."
Aufgrund dessen, muss allen das Moralisch-Werden und das Moralisch-Leben, welche zu den grundlegendsten
und wichtigsten Lehren der Religion gehören, gelehrt werden.
Daher ist es, dass der Prophet (s) sagte:
إنَّما بُعِثتُ
مُعَلِّماً - "Ich wurde gesandt, um der Lehrer
des Menschen zu sein. Um den Menschen den Weg aufzuzeigen, wie man moralisch
lebt. "
Somit sind das Lehren der Schrift und der Weisheit, die Erziehung des Menschen
und das Aufzeigen der göttlichen Verse und Zeichen im reinen Leben des
Menschen, von den wichtigsten Pflichten der göttlichen Propheten.
« هُوَ
الَّذي بَعَثَ فِي الْأُمِّيِّينَ رَسُولاً مِنْهُمْ يَتْلُوا عَلَيْهِمْ آياتِهِ
وَ يُزَكِّيهِمْ وَ يُعَلِّمُهُمُ الْكِتابَ وَ الْحِكْمَةَ وَ إِنْ كانُوا مِنْ
قَبْلُ لَفي ضَلالٍ مُبين»
"Er ist es, Der unter den Analphabeten einen Gesandten aus ihrer Mitte
erweckt hat, um ihnen Seine Verse zu verlesen und sie zu reinigen und sie die
Schrift und die Weisheit zu lehren, obwohl sie sich zuvor in einem
offenkundigem Irrtum befanden."
Jedoch wurde in einigen Versen des heiligen Korans der Belehrung Vorrang über
die Erziehung gegeben, und in anderen Versen wurde der Reinigung der Seele
Vorrang über die Belehrung gewährt. Der Grund für letzteren Vorzug ist der,
dass der Reinigung der Selle Vorzug vor allem gegeben wird; jedoch ist es in
jedem Fall für den Menschen notwendig zur Erreichung dieser Stufe und zum
Erreichen des auf Taten basierten Verhaltens, den Lehren des Islam zu folgen
und in einigen Versen, wurde darüber hinaus dem Wissen , da es eine Bedingung
und Einleitung zu dem Bereich der Taten darstellt, Vorzug über der Erziehung
gegeben.
Um die Sache zu verdeutlichen kann man das Lehren der Gebetswaschung (Wudhu)
und dem Gebet als Beispiel nennen. Obwohl das Gebet Vorrang von der Wichtigkeit
hat, ist es so, dass dadurch, dass die Gebetswaschung die Vorbereitung für eine
Pflicht darstellt, die Vorbereitung an sich auch zur Pflicht wird.
Als Fazit der Erklärungen lässt sich sagen, dass die Moral bei der Garantie
(der Einhaltung) der Menschenrechte eine wichtige Rolle einnimmt und aus diesem
Grund ist es auch, dass man die Moral als Grundlage des
Gesetzes betrachtet. Die Moral ist das Ergebnis des Einübens von richtigen
Verhaltensweisen auf Grundlage der grundlegenden menschlichen Werte und wenn
die Menschen moralisch geworden sind, so werden sie sich bemühen die Rechte der
Anderen einzuhalten.