Am 20.11.2016 fand der 5. Interreligiöse Frauenbegegnungstag im ökumenischen Forum Hafencity statt. Das Motto der diesjährigen Veranstaltung war: „Ich lebe mein Leben! Mutgeschichten.“ Acht Vertreterinnen verschiedener Religionen schilderten ihre persönlichen Mutgeschichten.
Die evangelische Theologin und freie Schriftstellerin Susanne Krahe
erblindete vor 30 Jahren in Folge eines Diabetes. Nur durch eine
doppelte Organtransplantation konnte sie überleben. Sie berichtete, wie
sie durch die Unterstützung ihrer Freundin und der Erfahrung, „dass Gott
gerade mit den Gescheiterten ist“, für ihr neues Leben Kraft schöpfte.

Sara Streese, die der liberalen jüdischen Gemeinde in Pinneberg
angehört, nimmt das Beispiel von Abraham und Sara, die drei Fremde
aufnehmen, sie bewirten und beschützen, ohne zu fragen, woher sie kommen
und wer sie sind. Ihr Gastfreundschaft sollte wegweisend für unseren
Umgang mit geflüchteten Menschen heute sein.
Die Muslimin Kübra Böler hat erlebt, wie es ist, wenn der eigene
Körper streikt und welche Ängste es auslöst. Sie hat gelernt, Krankheit
nicht als Strafe zu sehen, sondern als Chance. „Wir sollten daran
denken, dass wir endlich sind und schauen, was uns wirklich wichtig
ist“, war ihr Fazit.
Gudrun Steiß ist seit 25 Jahren katholische Nonne in einem
französischen Orden. Sowohl seitens ihrer nicht religiösen Familie, als
auch von Seiten älterer französischer Menschen, die den Deutschen die
Verbrechen des zweiten Weltkriegs nicht verzeihen konnten, wurde sie
stets mit massiven Vorurteilen konfrontiert. Sie studierte
Religionswissenschaften und versuchte die Religionen aus deren
jeweiligen eigenen Selbstverständnis zu verstehen. Dadurch
sensibilisierte sie sich für den Umgang mit religiösen Unterschieden.
Respekt und Akzeptanz resultieren, wenn wir immer wieder in Beziehung
gehen, offen sind und zuzuhören.
Fatima Emari ging als Muslimin auf ein katholisches Mädchengymnasium
und stellte fest, dass die Mehrheit dort keineswegs so homogen war, wie
sie anfangs annahm. Das schärfte ihren Blick, genau hinzusehen. Genau
und kritisch hin schaut sie auch auf unsere Gesellschaft, in der uns
vorgegaukelt wird, dass wir frei und selbstbestimmt seien, es aber
gleichzeitig sehr klare Vorgaben gibt, was gelingendes Leben ist. Als
Muslima, die sich durch ihr Kopftuch ihrer Religion öffentlich bekennt,
passt sie nicht in die vorgegebenen Raster und bietet sie immer wieder
eine Angriffsfläche. „Mut ist für mich, das zu hinterfragen und auch,
die eigene Religion selbstbewusst nach außen zu zeigen.“
Die muslimische Journalistin und Publizistin Maryam Khola Hübsch
erklärte anhand des Koranverses „Ist Allah nicht genug/ nicht Dein
Genüge?“ wie sehr Gott konkret erfahrbar und fassbar und keineswegs vage
und abstrakt ist . Dieses wurde ihr in ihrem Elternhaus
selbstverständlich und zwanglos vorgelebt. Dieser Koranvers gibt ihr
Antrieb, zu ihrem Glauben zu stehen und auch öffentlich dafür
einzutreten.

Im anschließenden Gespräch mit dem Publikum ging es um die Bedeutung
von Gemeinschaft und Solidarität über Religionsgrenzen hinweg, gerade
auch in Bezug darauf, Vorurteilen entgegen zu wirken. Sara Streese
machte deutlich, dass es viele Gemeinsamkeiten zwischen Jüdinnen und
Musliminnen gäbe, z.B. gebe es auch im Judentum Bekleidungsvorschriften.
Sie engagierte sich gemeinsam mit Musliminnen an einer Protestaktion
gegen das Burkini-Verbot in Frankreich und gewann so neue, wertvolle
Kontakte. Beim Thema Kopftuch/Burka sei mehr Differenzierung notwendig,
mahnte Fatima Emari an. Oft würde davon ausgegangen, dass Muslime Werte
wie Freiheit und Gleichberechtigung nicht teilen würden. Houda Mobasher
betonte, dass wir versuchen sollten, unsere Vorurteile beiseite zu legen
und erst einmal mit den Menschen zu sprechen. Gudrun Steiß knüpfte
daran an: Es gehe darum, Feindbilder abzubauen und die innere Logik der
Anderen zu verstehen. Maryam Khola Hübsch betonte die Wichtigkeit des
hohen Guts des Grundgesetzes, die die Religionsfreiheit beinhaltet.
Nach einem muslimischen Mittagsgebet und einer ökumenischen Andacht
wurden in verschiedenen Workshops die verschieden Aspekte rund um das
Thema Mut vertieft. Abschließend gab es ein gemeinsames Friedensgebet.
Das Programm wurde untermalt mit künstlerischen Darbietungen, wie bspw.
Einem Poetry Slam von Kübra Böler und religiösen Liedern. Daneben gab es
Verköstigung um Mittags- und Kuchenbuffet